Trageberatung Bern
  • Totale Aufopferung für das Baby und somit sich selbst vergessen

    Als mein Grosser geboren wurde veränderte sich mein Leben schlagartig. Klar, ich denke, das sagt jede Neumami. Alles verändert sich. Was ich mir aber damals nicht bewusst war ist, wie viel ein Kind von einem fordern kann. Durch die Kinesiologieausbildung wusste ich bereits damals, dass viele Dinge für ein Baby/Kind wichtig sind, die zu wenig gemacht werden. Doch ganz ehrlich, so ein Wissen ist Fluch und Segen zu gleich. Ich wusste wie wichtig bereits die Geburt ist und somit natürlich was bei der Geburt der Grossen unbedingt sein muss und was nicht sein darf. Es kam natürlich alles anders als geplant. Der Fluch: ich hatte Mühe die “versaute” Hausgeburt zu akzeptieren. Der Segen: Ich konnte das Geburtstrauma ziemlich rasch auflösen.

    Es ging aber natürlich so weiter. Der Segen: Ich weiss wie wichtig die Nähe zum Baby ist und dass die ersten beiden Jahre die wichtigsten sind um die Bindung zu stärken und dem Kind Sicherheit zu geben. Der Fluch: Ich habe mich total aufgeopfert und selbst komplett vergessen. Ich habe nicht mehr gegessen und getrunken weil ich keine Zeit mehr hatte dazu. Der Grosse liess sich keine Sekunde ablegen. Er schrie sofort wie am Spiess. Also habe ich ihn immer getragen und sogar AUF mir schlafen lassen. Was bedeutet, dass ich jeweils halb im Sitzen geschlafen habe. Zum Glück habe ich den besten Ehemann der Welt. Wir haben schichtweise geschlafen. Er hat bis um 2h morgens den Kleinen auf sich gehabt und ich konnte schlafen und dann wechselten wir. Der arme Papa musste natürlich am Morgen wieder früh raus zur Arbeit. Aber er hat mir damals echt alles was nötig war abgenommen. DANKE!

    Ums Babytragen kam ich gar nicht rum, denn sonst hätte ich gar nichts mehr machen können. Bereits vor der Geburt wusste ich, dass ich mein Baby im Tragtuch tragen möchte aber dass es fast 24 Stunden sein würde wusste ich natürlich nicht. Meine Hebamme hat mir damals gezeigt wie ich das Tragetuch binden kann damit ich etwas haushalten konnte und auch mal rausgehen konnte. An Kinderwagen war ja gar nicht zu denken. Denn da hatte er ja keinen Körperkontakt.

    Die Zeit verging und ich tat echt alles für mein Kind. Keine Dusche ohne dass der Papa da war nichts. Ich musste zwei Zusammenbrüche erleben bis mir klar wurde, dass es so nicht weitergehen kann. Ich hatte in der Zeit auch 3 mal eine Mastitis mit hohem Fieber die ich zum Glück immer mit Homöopathie und Wickeln weggebracht habe.

    Ich war am Ende mit meiner Kraft. Schlafen war das Hauptthema bei unserem Grossen (dazu werde ich einen separaten Blogeintrag schreiben). Ich hatte weder Schlaf, noch Nahrung.

    Nach dem zweiten Zusammenbruch habe ich mich entschlossen meinen Grossen ab und zu die Flasche zu geben, da ich so sehr untergewichtig war, dass ich selbst keine Kraft mehr hatte. Es war das schleichende Ende unserer Stillzeit. Ich kämpfe manchmal heute noch damit und doch weiss ich, dass es das einzig richtige war. Wir haben gestillt und er bekam ab und zu eine Flasche mit Pulvermilch. Und wie es halt so geht wollte er irgendwann mit etwa 9 Monaten nur noch die Flasche. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch fast keine Milch mehr. Obwohl ich immer viel zu viel Milch hatte. Durch das nicht Essen und nicht Trinken ging aber meine Milch weg. Tja genau zu Weihnachten war unsere Stillzeit dann zu Ende. Ich war total traurig und verfluchte den Tag des Zufüttern mit der Flasche. Auch da musste ich wieder einiges verarbeiten. Heute bin ich ziemlich im Reinen damit. Klar holt es mich manchmal ein wenn ich die Kleine stille (jetzt 15 Monate alt) und er dann sagt er möchte doch auch gerne, dann denke ich oh dem armen habe ich es damals weggenommen. Aber dann weiss ich, dass ihm eine Mama die noch da ist und immer da war wohl wichtiger ist und mehr bringt als eine Mama die nicht mehr kann weil sie einfach keine Kraft mehr hat.

    Viele Bücher und Weiterbildungen später, stehe ich heute an einem ganz anderen Punkt im Leben. Erst müssen meine Bedürfnisse erfüllt sein. Denn nur so kann ich eine gute Mama sein. Das heisst auf alle Fälle einmal die Grundbedürfnisse. Diese reichen bei mir aber nicht aus. Ich brauche etwas mehr als nur die Erfüllung der Grundbedürfnisse. Ich benötige ab und zu etwas Zeit für mich alleine, für meine Arbeit und meine Hobbys. Nur dann bin ich genug ausgeglichen und habe Geduld und Zeit für meine Kinder. Denn wenn ich mir die Zeit für mich nicht nehme, dann bin ich gestresst und habe viel weniger Geduld für die beiden. Was ist nun besser? Eine Mama die zu 100% da ist wenn sie mit den Kindern spielt und die viel Geduld hat aber dafür halt ab und zu Zeit für sich braucht oder eine Mama die gestresst ist, immer laut wird und mit den Gedanken ständig abwesend ist, dafür rund um die Uhr da? Ich habe mich für das erste entschieden und bin so froh habe ich das eingesehen. Mir geht es wesentlich besser damit und auch meinen Kindern. Wenn ich gestresst bin, dann spiegeln sie mir das nämlich sofort und ich weiss uuups ich muss bei mir hinschauen. Denn es sind eigentlich nie die Kinder wenn ich genervt bin sondern es ist etwas in mir drin, das nicht erfüllt ist.

    Fazit für mich: totale Aufopferung bringt niemandem etwas. Zumindest ist das meine Ansicht. Attachment Parenting kann man halt so oder so verstehen. Im artgerecht Projekt habe ich es explizit noch einmal gelernt. Bedürfnisorientiert heisst auch, die eigenen Bedürfnisse zu stillen.